Ein dörfliches Erlebnis in der Weihnachtszeit
Ein dörfliches Erlebnis in der Weihnachtszeit
Autor: Dieter Siebald
Weihnachtszeit, Zeit der Besinnlichkeit und Friedlichkeit, aber es kam anders! Die Glocken der fernen Dorfkirche hatten schon längst den Feierabend eingeläutet. Die verschneite Flur lag friedlich im letzten, rötlichen Abendlicht. Doch irgend wie hatte der Schnee den Klang der Glocken gedämpft. Man hörte immer noch das Klippen der Äxte der Holzfäller bis ins Tal. Langsam wanderte die Abenddämmerung über den verschneiten Wald, den Hang hinauf, ein friedliches Bild, aber der Schein war trügerisch. Seit einiger Zeit herrschte bei uns im Dorf eine miese Stimmung. Die Post wollte eine Sirenenanlage in unserem Dorf installieren. Diese Sirenenanlage war der Zankapfel und auch der einzige Tagespunkt im Gemeinderat. Hitzig wurde diskutiert, die einen wollten dieses Ding nicht auf ihrem Dach, die anderen dafür, der Sicherheit wegen. Ein Hin und Her begann, es kam keine Einigung zu stande. Wie es so ist, wenn man hitzig diskutiert, ließt man die Anfrage nicht richtig oder überließen wichtige Dinge, es sollte Pacht für die Installation gezahlt werden. Als endlich dieses klar war, wollte jeder die Sirene auf seinem Dach haben, den die Pacht war ein Zubrot! Man könnte längst fällige Reparaturen am Trecker oder Mähdrescher durchführen lassen. Aber wie es so ist im Leben, wer gut schmiert, der gut fährt! Eines Morgens rückte die Fernmeldeabteilung bei Erich, dem größten Vieh- und Grundbesitzers an, die Sirenenanlage wurde auf dem Dach seines Kuhstalles installiert. Stolz lief Erich, wie ein aufgepumpt er Gockelhahn, über den Hof und benahm sich auch wie einer. Den anderen Dorfbewohnern war die Stimmung auf das anstehende Weihnachtsfest fast vergangen. Eine weitere Frechheit war, aus der nahen Kreisstadt kam ein paar Tage später eine Malerfirma, die von innen und außen den Stall renovierte. Die Dörfler kochten vor Wut und sannen auf Rache! Irgend wie beruhigten sich die Gemüter, der Alltag im Dorf und die Vorbereitungen auf das bevorstehende Weihnachtsfest holten sie wieder ein, nur der Gedanke Rache, blieb. Im gleichen Zug wurden die letzten Arbeiten an der Anlage von den Posttechnikern abgeschlossen, eines fehlte jedoch, die Funktionsüberprüfung. Da Erich Milchkühe besaß, die morgens und abends im Stall gemolken würden, trieb dieser kurz vor Feierabend der Techniker sie in den Stall, die Techniker sahen dieses aber nicht. Plötzlich jaulte die Sirene auf! Die Rindviecher im Stall, aufgeschreckt, die Schwänze in die Höhe, feuerten die Kühlladen an die umliegenden Wände, der frisch renovierte Stall, ruiniert. Erich, der in das Sperrfeuer seiner Kühe geraden war, wurde von der grünen Pracht voll eingemandelt. Dann Stille, beschissen taumelte Erich aus dem Stall! Durch den Lärm aufgeschreckt, waren die Einwohner des Dorfes auf der Straße und konnten sich das Lachen nicht verkneifen, es gab noch Gerechtigkeit, sie hatten ihre Rache. Kleinlaut erschien anderentages Erich auf der Gemeindeverwaltung und bat die Sirene vom Stalldach abzubauen und auf das Dach des Spritzenhauses zu setzen, da gehörte sie auch hin! Die erhaltene Pacht brachte er gleich mit, als Spende für die jenigen im Dorf, die es nötiger hatten wir er. Die Glocken der Dorfkirche läuteten den Feierabend ein, das verschneite Dorf lag friedlich im letzten, rötlichen Abendlicht, dicke Schneeflocken fielen vom Himmel und verwischte alle Spuren.
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